Marco van Aalten sieht man den Stolz an: Kaum fünf  Monate auf dem Stuhl des Direktors von Alfa Romeo, kann der Mann eine Legende neu auflegen, auf die sich nicht nur mein Sohn freut. Eine niegelnagelneu überarbeitete und spürbar weiter entwickelte Giulietta – mit Automatik-Getriebe.

Die Frage dürfte nicht eine Zeile weiter hinten stehen. Erst wer das neue Konzept von Alfa Romeo begreift, erkennt den Fortschritt. Und bekommt Lust darauf, die  Maschine unter den eigenen Popometer zu nehmen: Motor starten, „Gang“, sprich Automatik aktivieren, und die von Fiat komplett selbst entwickelte Schaltkiste einfach arbeiten lassen. Wir wedeln rund um Nürburg mit dem kompakten Kurvenflitzer über die bergigen Eifelstraßen. Das TCT- (Twin Clutch Transmission) Doppelkupplungsgetriebe tut alles genau so, wie es auch ein sportlicher Papa am liebsten hat – nur besser: schneller, präziser, materialschonender. Sechs Gänge – und jeder ist immer genau dann am Drücker, wenn er der Beste für diesen Job ist. So rassig zieht die ewige Geliebte ihre Bahn, dass die ersten 100 Kilometer schneller hinter uns liegen als ein guter Stunt. Dass es sich bei dem neuesten Stück Hochtechnologie im Herzen der Giulietta um ein trockenes Doppelkupplungsgetriebe handelt, wird von den Ingenieuren des mit Chrysler und mittlerweile acht Marken spurtstark durchgestarteten, Mailänder Konzerns mit vielfachen Vorteilen gegenüber einer ölgekühlten (nassen) Kupplung begründet: Der trockene Bruder braucht keine extra Pumpe für die Ölkühlung und spart somit Energie und Gewicht. An Drehmoment fehlt es der neuen Giuliette mit 350 Nm dabei auch nicht.  

Beide Motoren, die mit dem TCT-Kraftprotz kombinierbar sind, leisten 170 PS. Nach ersten Sprints mit dem Zweiliter-Selbstzünder bei eingelegtem „D“ auf dem DNA-Schalter vor dem Automatikhebel bin ich überzeugt, das wird der Benziner nicht besser können. Der „D“ynamic-Fahrmodus ist einfach fantastisch. 350 Nm schon bei 1750 U/min katapultieren die Giulietta, einmal warmgelaufen, kultiviert, nahtlos ruckfrei und dynamisch auf die Tempi von mehr als 200 km/h.

Durchatmen am Straßenrand. Die Start-Stopp-Automatik tut ihren Job ebenso verzugsfrei wie die Schaltautomatik. Ja, TCT kann wirklich alles besser, als dies eine herkömmliche Schaltbox vermag.

Reicht, denke ich, und gebe dem Stolz der Ingenieure auf den neuesten Golf-Konkurrenten Recht: Nach über 100 Jahren Rennsport-Geschichte steht Alfa Romeo heute in Deutschland nahezu gleichauf mit den besten deutschen Marken, was die Beliebtheit betrifft. Und deutlich vor Jaguar, Volvo, Mini und Land Rover. 5 Sterne im Euro-NCAP und die Fahrwerte der neuen Giulietta dürften diesen Trend noch zugunsten der Rennschleudern hinterm „Scudetto“, dem Alfa-Grill, verstärken.

Dann gerät Klaus Schühle, Leiter der Homologation bei Alfa, ins Schwärmen und ich entscheide mich, doch noch einmal den 1,4 Liter Turbobenziner Gassi zu führen: Zu verführerisch die Landschaft rund um den Nürburgring, der Frühling, diese ewige Geliebte, doch leider nicht meine Giulietta.

Ohne das geringste Turboloch ziehen die 170 Pferdchen ihre Bahn. Der Ottomotor lässt seinen tiefen Sound durch die Täler schallen und nur der Drehzahlmesser zeigt, dass das Doppelkupplungsgetriebe auf dem Weg nach oben schon wieder einen neuen Gang eingelegt hat. Dass dieser deutlicher ausgedreht wird, je kräftiger ich aufs Pedal trete, gibt einen zusätzlichen Schub der Freude am Fahren, wie das nicht viele Wettbewerber bieten. Das übersichtliche Interieur mit dem schönen, perfekt in der Hand liegenden Lenkrad trägt dazu einen nicht unerheblichen Teil bei, ein Fahrwerk, das sich in Kurven noch weniger als die schon steife Vorgängerin zur Seite neigt, Sitze mit sehr gutem Seitenhalt und die spontane Art, mit der der Motor auf das Gasgeben anspringt und über den Frontantrieb den kompakten Roadrunner selbst aus wirklich scharf angesteuerten Kurven über die Kimm wieder herauszieht, leisten das ihre …

… bevor ich nun wirklich ins Schwärmen gerate, stelle ich den Benziner rasch ab. Der „Arbeitsauftrag“ dieser Dienstfahrt war mir von meinem Sohn ins Lastenheft geschrieben worden: „Papa, sag mir hinterher, welche Giulietta du mehr liebst … die alte oder die neue.“ Sie sehen, es geht dem Jungen nicht ums Geld. Also werde ich Ihm den Preis auch nicht nennen - … im Grunde ist das auch nicht nötig. Denn wer eine solche Rasse-Klasse liebt, schaut nicht auf die paar Cents.

Marco van Aalten, der gerade fünf  Monate auf dem Stuhl des Direktors von Alfa Romeo regierende Herr über Vermarktung und Präsentation in Deutschland, freut sich über die Frage, wann es das TCT-Automatik-Getriebe auch bei Lancia und Fiat geben wird. Nach 16 Jahren in der Automobilindustrie und 12 Jahren in Deutschland ist der Holländer aus Arnheim – der nicht segelt! – allerdings vorsichtig mit festen Zusagen. Nein, einen Termin will er selbst auf unhöfliches Nachbohren nicht nennen. Wir müssen wohl oder übel abwarten, womit Fiat, die Mutter von Alfa, ihre Fans morgen begeistert.

Zum Fahrbericht über den Vorgänger - die Giulietta ohne Automatikgetriebe 

Zur Fahrvorstellung des Alfa Mito

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