Wer sich erinnern will, weiß, wie präzise man zielen musste, wollte man mit den ersten Geländewagen von Toyota aus dem fließenden Autobahnverkehr heraus die Ausfahrt treffen. Der Geradeauslauf war reine Glückssache – und eine Kurve diesseits der Geländeunebenheiten mit mehr als Tempo 30 zu nehmen, erforderte fahrerisches Können und Spaß am Abenteuer. Der Spaß ist geblieben, das Abenteuer ist weniger, der Komfort und die Stadttauglichkeit dafür erheblich mehr geworden: Der neue Landcruiser kann es auf der Wiese, in den Bergen, kann es ganz heimlich und auf unwegsamsten Waldpfaden ebenso wie auf den Boulevards der Städte oder auf den Autobahnen. Er ist ein universelles Spaßauto mit viel Platz geworden – das leider immer noch gut gefüttert werden will. Dann allerdings versieht der Landcruiser seine Arbeit mit Freude, wo immer man ihn auch einsetzt.

Wir hatten aus der neuesten Generation den Landcruiser 100 mit dem 4,2 Liter Sechszylinder Turbodiesel im Test. Toyota ist stolz auf die Leistung: „Mit 150 kW (204 PS) Leistung ist der Direkteinspriter mit Vierventiltechnik das stärkste Dieselaggregat auf dem deutschen Geländemarkt“, heißt es von Toyota. Das verpflichtet. Der Diesel beschleunigt in 13,1 Sekunden auf Tempo 100, 430 Newtonmeter Drehmoment sorgen für enorme Durchzugskraft im Tourenbereich zwischen 1.400 und 3.200 Umdrehungen pro Minute.

11,1 Liter Diesel-Kraftstoff pro 100 Kilometer haben die Werksingenieure von Toyota nach EU-Norm ermittelt. Böse Zungen vermuten laut, dazu habe man das Gefährt über weite Strecken wohl getragen. Tatsächlich ist auch unser Testverbrauch bei deutlich um die 14 Liter gewesen – was für einen derartigen Kraftmeier allerdings immer noch erträglich scheint.

Wie der Cherokee, so hat auch der Landcruiser vorn eine Einzelradaufhängung bekommen. Das erhöht den Komfort und die Spurstabilität und Lenkgenauigkeit, wichtig weil: siehe oben. Die Starrachse hinten wurde mit Gasdruckstoßdämpfern kombiniert und an vier Längslenkern geführt. Das gewährt Solidität und Spurstabilität auch im beladenen Zustand – eine Stabilität, die allerdings ihre Grenzen hat: bei kurz aufeinanderfolgenden Bodenwellen tänzelt der Landcruiser wie ein nervöser Hengst kurz bevor er durchgeht. Trotzdem ist es schön, in vier Stufen die Dämpfer zwischen sportmodus oder Komfortmodus verändern zu können und erleichtert in vielen Fällen ein sicheres Handling des schweren Autos. Apropos Beladung: 935 Kilo darf man hineinpacken. An den Haken gehen bis zu 3,5 Tonnen. Damit konkurriert der Geländeathlet mit den ganz Großen seiner Zunft wie etwa dem Tahoe von GM.

Der permanente Vierradantrieb, eine auf Knopfdruck elektronisch zuschaltbare Differentialsperre für die Hinterachse, ein Reduktionsgetriebe mit integrierter Zentraldifferentialsperre sowie die großen Böschungs- und Rampenwinkel machen die Fortbewegung auch unter schmierigen und ungestreuten Winterlichen Straßenverhältnissen sehr zuverlässig. Für die Special-Version gibt es eine Niveauregulierung. Mit deren Hilfe kann man die Höhe des Landcruiser 100 um bis zu zehn Zentimeter variieren. Die Bodenfreiheit von 220 Millimeter lässt sich so um weitere 50 Millimeter erhöhen, oder, zum besseren Einstieg oder zur Beladung mit schwerem Transportgut, um 50 Millimeter absenken.

Innen geht es komfortabel zu: Kopf-, Schulter und Beinfreiheit der Insassen sind nur von den lokalen Busunternehmen zu toppen. Trotzdem gibt es 1318 Liter Gepäckraumvolumen, wenn sich fünf Insassen ordentlich breit machen. Wird die geteilte Rücksitzbank vollständig umgelegt, sind es 2212 Liter.

Alle üblichen Sicherheits-Aspekte und Einrichtungen sind natürlich schon serienmäßig vorhanden. Der Landcruiser hat damit ein größeres Komfort-Potential als die meisten Wohnzimmer, in denen seine Eigentümer logieren.

Wirklich gut sind die innenbelüfteten Scheibenbremsen rundum und das elektronische 4-Sensoren ABS. Mit dessen Erwähnung findet die Positiv-Liste des Landcruiser 100 allerdings nur ihren Anfang. Negative Aspekte haben wir auch gefunden: So ist der Motor in der Beschleunigungsphase leider sehr laut. Die Ladeklappe im Heck macht ein Erreichen des Laderaums schwer. Wer sie wirklich braucht, wird auch die Trittbretter zu schmal für den Fuß eines erwachsenen Mannes, zu wuchtig hingegen als reine Zierde, empfinden. Und auch wenn wir nicht kleinlich sein wollen, so muss doch noch die Kühlbox-Klappe moniert werden: Wenn der Beifahrer sie öffnet, wird der Fahrer behindert. Warum wurde sie nicht einfach geteilt?